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So gefährlich ist Fernsehen wirklich

Das hat wirklich keiner gewollt. Michael Wendler ist abgestürzt. Manche meinten, der Mann sei so schon so tief unten, tiefer geht es nicht. Aber das Fernsehen ist wie ein Fass ohne Boden. Man kann immer weiter nach unten durchgereicht werden. Erst kommt das Fegefeuer, dann die Hölle und dann das „Dschungelcamp“.

Dort ist er nun zu Fall gekommen, beim Dreh in Köln für die Sommerausgabe der Show, und hat sich die Hand gebrochen. Die gute Nachricht: Es ist alles nicht so schlimm. Die schlimme Nachricht: Es ist keine Besserung in Sicht. Für die Zuschauer. Denn der Mann will am Sonntag schon wieder bei „Immer wieder sonntags“ vor das Mikro. Und Bananenschalen liegen da gewöhnlich nicht herum.

Die „Bild“ warnt schon mal „So gefährlich ist Unterhaltung“ und listet alle Unfälle auf, die sich bei Shows ereignet haben, von „Wünsch Dir was“ bis „Wetten, dass…?“. Die größte Gefahr verschweigt das Blatt allerdings. Ihr ist der Zuschauer ausgesetzt. Mediziner haben jetzt ermittelt, was passiert, wenn man mehr als eine Folge “Berlin – Tag & Nacht” sieht. Es fängt mit einem Kribbeln im Nacken an, dann stellt sich das Gefühl ein, als hätte dir jemand einen Schlauch in den Kopf eingeführt und sauge den Inhalt ab. Das Hirn schaltet auf Autopilot, weil es für diese Art von Unterhaltung nicht gebraucht wird. Für den Zuschauer nicht ganz ungefährlich. Denn im Kopf baut sich eine Art Vakuum auf, die anspruchsvolle Tätigkeiten wie die Beantwortung von Quizfragen bei Sportübertragungen (“Welcher Boxer hat noch nie den Nobelpreis gewonnen: Axel Schulz oder Mike Tyson?”) erschwert.

„Adam sucht Eva“ (RTL) ist auch so ein Fall. Sagt eine von den Frauen doch sinngemäß, Nacktsein mache verletztlich, weil man sich nicht verstecken könne. Irgendwann ist man vom vielen Fremdschämen so verblödet, dass man das glaubt. Statt zu sagen: Hallo, du Dummbratze,  das liegt nicht am Nacktsein, sondern daran, dass Du einen Vertrag mit einem Sender abgeschlossen ist, in dem die Narren nicht nur während des Karnevals das Zepter schwingen.

In der Geriatrie gibt es sogar manche Stimmen, die fordern, Sat.1 Gold zu verbieten. Der Konsum der Sendungen erschwere es den Ärzten, Demenz zu diagnostizieren. Man wisse manchmal nicht, ob die Patienten schlicht Dialoge aus “Lenßen und Partner” aufsagten oder wirklich krank im Kopf seien.

Auf jeden Fall steht fest: Wir Zuschauer sind die eigentlichen Opfer des Fernsehens. Und nicht abgewrackte Schlagersänger, die mit 43 lernen, dass nicht nur die Stimme brechen kann, sondern auch die Hand.

Ich wünsche uns allen gute Besserung.


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